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Der vogtländische Naturschutz trauert um Schäfermeister Lothar Ulsamer

(*26.2.1937 - †26.04.2023)

Mit dem Tod des im oberfränkischen Bug ansässigen Schäfermeisters Lothar Ulsamer verliert der vogtländische Naturschutz einen maßgeblichen Akteur, einen zuverlässigen, um vielfältigen Austausch bemühten, tatkräftig-geradlinigen Menschen.

Durch ihn und seinen Schäfereibetrieb wurden die zwei wohl wertvollsten Naturschutzobjekte im Vogtland – das „Grüne Band“ und die Areale um den „Großen Weidenteich – über drei Jahrzehnte gepflegt und konnten somit für bereits eine weitere Generationen in ihrer Bedeutung für Flora und Fauna gesichert, oftmals sogar aufgewertet werden.
Sein Engagement im sächsischen Vogtland begann 1993 mit der Beweidung des ehemaligen Truppenübungsplatzes und heutigen Naturschutzgebiet „Großer Weidenteich“ und des ehemaligen sowjetischen Schießplatzes bei Syrau, dass ebenso als Naturschutzgebiet „Syrau-Kauschwitzer Heidelandschaft“ unter Schutz gestellt wurde.
Mit einer Herde von 600 Schwarzköpfigen Fleischschafen und nicht wenigen Burenziegen werden seither die rund 120ha großen Offenlandflächen am Weidenteich in der seit dem 15. Jahrhundert belegten, historisch überkommenen Hüteschafbeweidung traditionell extensiv bewirtschaftet und in zeitlicher Staffelung mit Rücksicht auf das vielfältige Brutgeschehen und seltene oder geschützte Arten durchgeführt.

Blumenreiche Frischwiesen, kurzrasig-bunte Magerrasen und eine im Herbst steppenähnliche Weite sind das Ergebnis dieser Arbeit und belegen Sachverstand, Engagement und Liebe zur Natur.
Und – als ob der Arbeitsaufwand dafür nicht schon ausreichend gewesen wäre, kümmerte er sich – oft unentgeltlich – um die schier unbeherrschbare Ginsterentbuschung und um Gewässerentlandungen im Herzen des Gebietes.

1996 steigt der Schäfereibetrieb Ulsamer in die Pflege des Schutzgebietskomplexes Grünes Band an der ehemals innerdeutschen Grenze ein. Im ersten Jahr als Probebeweidung auf Teilflächen begrenzt, erfolgt seit 1997 die Beweidung des ca. 30 km langen, oft für eine vielköpfige Schafherde recht schmalen Biotopkomplexes aus Altgrasbeständen, Heideflächen, Magerrasen und frischen Weiden. Mit der Anpachtung der 1997 noch bundeseigenen Flächen erfolgte seitdem die extensive Wiesennutzung auf über 100 ha. 1997 und 1998, in den Jahren, wo deutschlandweit starke Eingriffe in das Grüne Band zu verzeichnen waren, verbreiterte Lothar Ulsamer das vogtländische Grüne Band durch die Umwandlung von insgesamt ca. 35 ha ehemaliger Ackerflächen in extensiv genutztes Grünland. Eine Entwicklungsmaßnahme, welche von der Dimension her bundesweit einmalig ist. Für umfassende Maßnahmen zur Heckenpflege, Entbuschungen, die Bekämpfung der Lupine, sogar für die Anlage von Kleingewässern konnte Lothar Ulsamer als Umsetzungspartner gewonnen werden. Als besonders anspruchsvoll und arbeitsintensiv ist jedoch die jährliche Pflege von ca. 15 ha Feucht- und Nasswiesen einzustufen – eine Arbeit, die nicht hoch genug gewürdigt werden kann.

Den Ruhestand genießen hieß für ihn, weiterhin mit „seinen“ Schafen unterwegs zu sein, nach dem Rechten zu schauen, Hinweise zu geben. Noch bis wenige Wochen vor seinem Ableben hat Lothar Ulsamer seinen Sohn am „Grünen Band“ begleitet. Freilich – dann mehr ein Geschenk des Sohnes an den Vater. Der vogtländische Naturschutz hat im vieles zu verdanken und wird ihm ein ehrendes Gedenken bewahren.